Rezension in der Tiroler Tageszeitung

Otto Hans Resslers Plädoyer für die Kunst in acht Kapiteln

Sonntag, 24.01.2021

Innsbruck – Der Titel von Otto Hans Resslers neuem Buch „Dort endet unsere Kunst“ ist ein Zitat aus Honoré de Balzacs Roman „Das unbekannte Meisterwerk“. In dem die Ratlosigkeit angesichts eines abstrakten Gemäldes beschrieben wird und das 80 Jahre, bevor Wassily Kandinsky ein solches tatsächlich gemalt hat.

 

Dass Ressler seinem Buch diesen Titel gegeben hat, überrascht. Geht es in diesem doch nicht um endzeitliche Szenarien, sondern um Kunst, Künstler und Sammler, um Fragen von Authentizität, Qualität, Sinn und Wirkungen. Ausgebreitet als leidenschaftliches Plädoyer, sich ganz persönlich mit Kunst auseinanderzusetzen.

 

Ressler weiß ganz genau, wovon er schreibt. Er leitete jahrelang die Kunstabteilung des Wiener Dorotheums, bevor er 1993 die „Wiener Kunstauktionen“ und 2015 die auf zeitgenössische österreichische Kunst spezialisierten „Ressler Kunst Auktionen“ mitgründete.

 

Wobei das neue Buch eigentlich eine Sammlung acht kluger Essays ist. Auch wenn man Resslers Thesen nicht immer teilen muss, als Anstoß zum Nachdenken sind sie allemal eine Herausforderung auf hohem Niveau. Und auch so manche Wiederholungen sind dem Autor nachzusehen. So sympathisch ist sein Brennen für die Kunst, so sehr ärgert er sich über Auswüchse des Kunstmarkts, wenn so etwas Ephemeres wie Kunst zur spekulativen Ware verkommt.

 

Dort endet unsere Kunst“ ist für jeden Kunstfreund eine empfehlenswerte Lektüre, die sich noch dazu angenehm kurzweilig liest. Ist Ressler doch auch ein wunderbarer Geschichtenerzähler, wenn er etwa an die absurde Auktion am 12. Oktober 2018 bei Sotheby’s London erinnert, bei der das Bild des Street-Artisten Banksy, „Girl with Balloon“, kurz nachdem es um 1,2 Millionen Euro unter den Hammer gekommen war, vor den Augen der staunenden Zuschauer in feine Streifen geschreddert wurde.

 

Ein Coup, der den Marktwert des Bildes genauso wie jenen seines Machers binnen weniger Sekunden drastisch erhöhen sollte. Was Ressler von Spektakeln dieser Art hält, ist eindeutig. (schlo)

 

Essayband Otto Hans Ressler: Dort endet unsere Kunst. 152 Seiten, edition splitter wien, 22 Euro.